Zeit für Lebensretter:innen

Oliver rettete Jannik mit einer Knochenmarkspende das Leben

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08.03.2024

Ein magischer Moment im September 2019: Oliver hält einen Spielzeug-Dinosaurier in der Hand, denn Jannik liebt Dinos. Jannik - ein kleiner Junge, der schon sehr viel durchmachen musste. Schon mit 2 Jahren kam er ins Krankenhaus und hatte mehrere Schlaganfälle. Ein seltener Gendefekt stellte sich als Ursache raus. Nach langen Untersuchungen und Strapazen war klar: Jannik schafft es nur, wenn ihm ein:e passende:r Stammzellspender:in irgendwo auf der Welt helfen kann. Und dann kam Oliver...

"Irgendwann in meiner Ausbildungszeit als Industriekaufmann also vor über 10 Jahren, lebte ich in einer eigenen Wohnung und war natürlich, wie es sich gehörte, immer knapp bei Kasse. Ich war ja auch gerade mal 18 oder 19 Jahre alt. Eines Tages gab es eine Blutspende-Aktion an unserer Berufsschule, was für mich soviel bedeutete wie: Gutes tun - und dafür Geld bekommen. Zusätzlich hatten wir die Möglichkeit, uns typisieren zu lassen. Da es für mich einfach nur so nebenbei war und mir bewusst war, dass der Fall, dass es mal von Nöten sein wird recht unwahrscheinlich sein wird, habe ich es einfach mal gemacht. Viele Jahren gingen für mich ins Land, ich entwickelte mich beruflich komplett um, ging zur Polizei und machte dort meine Ausbildung."

Der erste Anruf: Du kannst vielleicht helfen!

"2015 bin ich Papa geworden und kann mich noch sehr gut daran erinnern, dass mich der VKS anrief als ich gerade meine Tochter aus der Krippe abholen wollte. Mir wurde erklärt, dass es eine Möglichkeit gäbe, dass ich als Knochenmarkspender für "jemanden" in Frage kommen könnte. Hierzu müssten aber vorab noch einige Tests gemacht werden und mein Part besteht erstmal daraus, dass ich mal zum Hausarzt gehen müsste für eine Blutabnahme. Ob es dann wirklich zur Spende kommen wird bliebe aber noch offen bis alle Ergebnisse vorliegen. "Hast du denn daran überhaupt noch Interesse?" Ich musste nicht überlegen: "JA!" Warum denn eigentlich auch nicht? Was eine Knochenmarkspende genau bedeutete, wusste ich bis dahin auch gar nicht. Aber wenn mein Knochenmark benötigt wird, dann wahrscheinlich nicht im Kampf gegen einen mittelschweren Husten, sondern weil es irgendjemanden da draußen gibt, dem es richtig schlecht geht und jetzt nicht mehr so wahnsinnig viele Optionen offen hat. 

Mit meiner Entscheidung dem "JA" war es jedoch erstmal getan. Interne Prozesse liefen bei dem VKS und den Ärzten - ich hatte einige Monate nichts mehr gehört. Doch dann kam wieder ein Anruf, dass es jetzt wirklich losgehen könnte mit einer Blutabnahme. VKS und mein Hausarzt nahmen Kontakt auf, alles lief für mich problemlos. Zur Blutabnahme weiß ich noch, dass sehr viele Röhrchen Blut abgenommen wurden. Gefühlt hatte es gar nicht mehr aufgehört und ich war mir nicht sicher, ob ich heute noch was von meinem Blut behalten durfte. Aber ich durfte. So richtig real war es für mich dennoch nicht. Denn ich wusste, dass bis zur finalen Spende noch sehr viel passieren kann. Schließlich kämpft da draußen jemand sicher gerade um sein Leben. Was, wenn es bis zur Spende auch schon zu spät ist? Einige Zeit später kam die Info, dass ich kompatibel bin. Mein Arbeitgeber, damals noch die Polizei, war absolut verständnisvoll und ich durfte während meiner Ausbildung mir eine Auszeit nehmen, um die Spende abzugeben und mich danach auch etwas zu erholen. Nun gab es einen Termin zur Spende.

"Hast du denn daran überhaupt noch Interesse?" Ich musste nicht überlegen: "JA!" 

Ich bekam die bisher längste Taxifahrt meines Lebens. Von zu Hause bis nach Dresden (rund 1,5h Fahrt). Der Taxifahrer erzählte mir, dass er schon öfter Leute zum VKS gefahren hat und die Arbeit dort sehr schätzt. Mein erster Stopp war direkt beim VKS. Dort wurde ich sehr herzlich empfangen und sah das erste mal die Menschen, mit denen ich vorher telefonierte und schrieb. Alles war sehr familiär und dennoch gut strukturiert. Mir wurde erklärt, wie es nun weitergeht. 

Ein kurzer Fußweg zum Krankenhaus gemeinsam mit einer Mitarbeiterin vom VKS und ein anschließendes Gespräch mit dem behandelnden Arzt führten dann zur finalen Frage ob ich mich dafür bereit fühle und die Spende machen möchte. Ein "Nein" wäre hier völlig okay gewesen, stand für mich aber nie zur Debatte. Warum auch? Ich bin ja jetzt einmal da. Ich erinnere mich noch genau an die Beschreibung des Arztes wie es mir nach der Behandlung gehen wird. "Sie werden sich fühlen als hätte Sie ein Pferd in den Rücken getreten." Ich bin zwar auf dem Dorf groß geworden, Pferde hatten wir, aber wenige und getreten hat mich nie eins. Also: "Wird schon passen."

Die Spende: Was ist ein Rückenschmerz im Vergleich zu einem ganzen Leben

Ich bezog mein Zimmer, völlig entspannt und vollkommen ohne Aufregung. Ehrlicherweise muss ich dazusagen, dass ich in der Vergangenheit bereits 3 Operationen mit Vollnarkose hatte und daher das Prozedere kenne. Nach der OP bekam ich dann ein Gefühl für den Pferdetritt. [Anmerkung VKS: Oliver hat die seltene Knochenmarkspende erlebt, dabei wird der Beckenkamm - NICHT die Wirbelsäule - punktiert. An den Einstichstellen können sich kurzzeitig Blutergüsse bilden, die schnell wieder abklingen. Du verlässt deine Spende mit zwei bis drei Pflastern auf dem Rücken.] Die Ärzte und Krankenpfleger kümmerten sich hervorragend um mich. Schließlich war jedem bewusst, dass ich nicht krank bin, sondern ganz freiwillig hier liege. Nach nur, glaube ich, einer Nacht konnte ich wieder gehen. Ich wurde vom VKS abgeholt und gefragt ob alles gut lief. Hier erhielt ich schon den Hinweis, dass die Spende in Deutschland bleibt und der Patient im ähnlichen Alter wie meine Tochter ist. Nach Hause ging es dann wieder mit dem Taxi.

Grundsätzlich habe ich mich gefreut, dass die Spende einem Kind zu Gute kam. Aber das war für mich nie und nimmer eine Bedingung, dass ich nur einem Kind helfen würde. Eine alleinerziehende Mutter die mit ihren 3 Kindern in Paris lebt, hätte es auch nicht weniger verdient.

Hier war für mich eines ganz klar: "Was würdest du tun, wenn deine Liebste oder dein Liebster unbedingt die Spende bräuchte und du nicht spenden kannst? Du würdest alles und jeden mobilisieren, dass er eine kleine Strapaze auf sich nimmt um damit ein Leben zu retten sowie die Leben aller die ihn oder sie lieben!" 

"Was würdest du tun, wenn deine Liebste oder dein Liebster unbedingt die Spende bräuchte und du nicht spenden kannst?"

Kurz danach begannen auch schon die ersten Briefe mit der Familie. Es waren in den 2 Jahren der anonymen Briefe nicht sehr viele - jedoch immer reich an Emotionen und Glück. 2019 war es dann soweit, dass ich Jannik und seine Eltern persönlich kennenlernen durfte. Das ganze fand in einer großen Veranstaltung statt, wobei es aber nicht hauptsächlich um Jannik und mich ging, sondern ein Rückblick auf vergangene Erfolge und spannende Geschichten [Anmerkung VKS: Die Spender:innen der letzten zwei Jahre wurden an diesem Abend geehrt.]

Der Moment des ersten Treffens: Emotionen pur

Doch dann ging es irgendwann um Jannik und mich. Die Eltern waren sehr herzlich und konnten ihre Emotionen kaum in Worte fassen. In der Pause unterhielten wir uns lange und ich lernte überhaupt erstmal die Geschichte kennen, wieso er denn die Knochenmarkspende brauchte. Heute haben wir ab und zu noch etwas Kontakt über Whatsapp. Ich weiß, dass es Jannik inzwischen sehr gut geht, er, wie meine Tochter, zur Schule geht und das Leben in vollen Zügen genießen kann.

Manchmal verstand ich den ganzen Trubel nicht. Natürlich ist Janniks Familie unendlich glücklich, dass alles so gut gegangen ist. Aber du hättest doch genau so gehandelt, oder?"

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